Montag, 6. Dezember 2010

Wer wünscht sich nicht die Freiheit eines Vogels?

Steckbrief
Name:
~ Tobias Langenscheidt ~
Das ist auf jeden Fall mein Name, seit meine Eltern mich adoptierten. Für mich ist es auch der einzige Name, denn meine leiblichen Eltern haben sich nie gemeldet und werden das wohl auch nicht mehr tun. Ich glaube einfach daran, dass sie ihre guten Gründe hatten, mich abzugeben und fürchte zugleich, dass sie sowieso nicht mehr leben.
~ Tobi, Vogeljunge, Zwerg ~
Meine Freunde nennen mich Tobi. Das ist okay. Bei weitem besser, als wenn sie mich ‚Zwerg’ nennen. Ich hab mir nicht ausgesucht so klein zu sein. Vermutlich wäre es für einen echten Zwerg auch eine Beleidigung. Ich meine, ich hab noch keinen getroffen, aber ich kann mir vorstellen, dass sie kleiner sind als ich. Achja, manchmal nennen sie mich auch ‚Vogeljunge’ und spielen damit auf meine Fähigkeiten an. Solange wir unter uns sind, ist das in Ordnung.

Alter:
15 Jahre

Geburtsdatum:
~ 01.07.1964 ~
Oder so ungefähr. Ganz genau weiß es wahrscheinlich nur die Frau, die mich geboren hat und die habe ich nie fragen können. Ich wurde am Morgen des 02. Juli vor der Tür eines Kinderheimes gefunden. Der Arzt meinte, so klein wie ich war, konnte ich keine 24 Stunden alt gewesen sein.

Geburtsort:
~Duisburg~
Rein theoretisch könnte das zumindest mein Geburtsort sein. Ich habe keine Ahnung. Das Heim, bei dem ich abgegeben wurde liegt in Duisburg und da liegt einfach nahe, dass ich dort auch geboren bin.

Wohnort:
~Krefeld~
Dort leben auf jeden Fall meine Eltern und meine Schwestern. Ich wohne die meiste Zeit des Jahres im Teuteburger Wald. Das heißt, nein. Seit etwa einem Monat lebe ich… Ich finde, dass ist eigentlich gar nicht so wichtig.

Rasse:
~ Begabter~
Ich bin ein Vogel-Morph und das ist so cool. Hast du dir schon einmal in einer langweiligen Unterrichtsstunde gewünscht, einfach so davon zu fliegen? Ich kann es. Und dazu brauch ich keinen Besen!

Fähigkeiten:
~Vogel-Morph~
Zugegeben, ich beherrsche das Ganze noch nicht perfekt. Ich kann mich in ein paar Vögel verwandeln. In die Mehlschwalbe, die Schleiereule und die Lachmöwe. Mein Traum ist ein Adler, der richtig hoch fliegen kann, aber so weit bin ich noch nicht. Fliegen ist das Schönste, was du dir vorstellen kannst – solange du die Zeit nicht vergisst. Glaub mir, es ist absolut nicht lustig, wenn du zwanzig Meter über dem Boden schwebst und auf einmal verwandeln sich deine Flügel in Arme. Gar nicht lustig!

Familie:
~Mutter: Anna-Maria Langenscheidt, geb. Hohenhaus; 50 Jahre; Hausfrau und Mutter; nichtmagisch~
Biologisch gesehen ist sie eine fremde Frau für mich, doch das war für mich niemals wirklich von Bedeutung. Ich bin mit dem Wissen aufgewachsen, dass sie meine Adoptivmutter ist und ich liebe sie genauso, wie vermutlich jedes Kind seine Mutter liebt. Manchmal kann sie richtig nerven. Wie Mütter nun mal sind. Aber sie ist eine tolle Köchin und man kann mit ihr über nahezu alles reden. Natürlich war sie erschrocken, als sie von meiner Begabung erfuhr und sie wollte es erst nicht glauben. Aber sie liebt mich. Sie sagte, nur wenige Eltern hätten die Gelegenheit, sich ihr Kind auszusuchen. Sie hatte mich ausgesucht und will um nichts auf der Welt tauschen.
~Vater: Erhard Langenscheidt; 53 Jahre; Landwirt; nichtmagisch~
Mein Vater hat mich nicht gezeugt, aber das war nie ein Thema. Er ist ein einfacher und strebsamer Mann. Ich glaube, von ihm habe ich meine Tierliebe. Als ich mich das erste Mal vor seinen Augen verwandelte, hat er vor Staunen den Mund kaum zubekommen. Und dann hat er gelacht und gemeint, nun könnte ich die Kühe aus der Luft zusammen treiben und die Mäuse von seinem Mais fern halten. Das ist etwas, was ich sehr an ihm mag. Er nimmt die Menschen wie sie sind und denkt praktisch. Er kann zwar auch sehr konservativ sein, aber welcher Vater ist schon perfekt? Ich liebe ihn, wie er ist.
~Schwester: Lisa Langenscheidt; 18 Jahre; Schülerin; nichtmagisch?~
Lisa ist wie ich adoptiert. Früher hingen wir zusammen wie Pech und Schwefel. Seit ich die meiste Zeit des Jahres ins Internat gehe, ist unser Verhältnis nicht mehr ganz so eng, aber ich glaube, das ist normal. Sie will studieren und Tierärztin werden.
~Schwester: Annika Langenscheidt; 12 Jahre; Schülerin; nichtmagisch?~
Die Ärzte hatten behauptet, Mutti könnte keine Kinder bekommen. Darum haben sie Lisa und mich schließlich adoptiert. Und dann ist sie doch noch schwanger geworden. Obwohl Annika uns nie wirklich vorgezogen wurde, wurde sie trotzdem am meisten verwöhnt. Ich habe gehört in anderen Familien soll es den jüngsten Kindern ebenso gehen. Annika ist neidisch auf meine Begabung. Sie wünscht sich nichts mehr als sich auch etwas Besondere zu sein – so wie ich. Dabei ist sie schon etwas Besonderes, nur dadurch, dass sie lebt! Irgendwann wird sie das auch verstehen.

Schuljahr:
Klasse 5

Abschlüsse:
Ich bin in der 5. Klasse. Woher soll ich einen Abschluss oder gar einen Magiergrad haben? Ich arbeite auf den ersten Grad der Begabten hin.

Kurse:
~Englisch~ Die Weltsprache, soweit ich weiß. Ich gehöre nicht zu den Besten, aber ich kann mich verständigen.
~Geschichte~ Die Geschichte der magischen Welt ist total spannend; ganz besonders die Parallelen zur nichtmagischen Welt.
~Mathe~ Es ist ein Pflichtfach. Was soll ich dazu mehr sagen?
~Mentales Training~ Unheimlich wichtig. Mir reicht einmal die Erfahrung in zwanzig Metern Höhe ohne Flügel.
~Sport~ Es ist okay. Kommt immer drauf an, was gemacht wird. Aber wirklich nichts ist besser als fliegen – und mit Krabbenhokey hab ich es sowieso nicht so.
~Zaubertränke~ Ich bin zwar kein Magier, aber mit Hilfe von ein paar Zaubertränken kann auch ich ein wenig zaubern.
~Astronomie~ Der Himmel ist meine Welt und die Sterne gehören einfach dazu.
~Pflege magischer Geschöpfe~ Ich liebe Tiere. Nicht nur Vögel. Magische Tiere haben noch etwas Besonderes an sich. Sie sind eben… magisch?

Posten:
Ich habe noch keinen besonderen Posten. In Saltuarius waren alle wichtigen Aufgaben schon vergeben. Aber zu viele sind dort geblieben und nun sind wieder einige Posten frei. Wer weiß was nächste Woche sein wird? Ich kann fliegen, aber nicht in die Zukunft sehen.

Aussehen:
Mein größtes Problem ist, dass ich für mein Alter zu klein bin und dadurch auch oft für jünger gehalten werde, als ich bin. Ich meine, ich bin 15! Am Anfang des Schuljahres wollte mich so ein Idiot gar zu den Erstklässlern stecken! Das war schon sehr extrem. Aber für 13 werde ich schon öfter mal gehalten. Ich glaube, es liegt auch daran, dass mein Gesicht noch ziemlich kindlich rund ist. Ehrlich, wenn es einen Zaubertrank gäbe, der mich nur etwas älter aussehen lassen würde – ich würde ihn sofort ausprobieren. Oder noch besser – ein Zaubertrank, der mich wachsen ließe! Ich meine, ich muss wirklich kein Riese sein, aber ich messe gerade mal 1,46 Meter. Nur zehn Zentimeter mehr und ich wäre schon zufrieden – und wahrscheinlich immer noch der Kleinste in meinem Jahrgang. Aber was hilft es zu klagen? Nichts – richtig. Also weiter.
Meine Haut ist recht blass und ich habe wenigstens keine Probleme mit Akne! Ich hoffe, die kommen auch nicht, wenn ich erst wie 15 aussehe. Ich habe braunes Haar, das ich im Allgemeinen kurz trage. Nur der Pony ist etwas länger, reicht nicht selten bis über die Augen und wellt sich dann auch. Ach ja, meine Augen sind übrigens blau – so blau wie der wolkenlose Himmel.
Wenn ich nicht gerade in Schuluniform rum laufe, dann in Bluejeans und Sportschuhen. Dazu trage ich ein T-Shirt mit Hemd oder Pullover. Mehr gibt es nicht zu sagen, glaub ich.

Charakter:
Bei allen Wolken, wie im Namen der Sterne soll ich mich selbst beschreiben? Ich, also… gut, ich versuch’s. Puh, ich… bin wirklich nicht gut in so was. Ich bin kein großer Redner vor einer Gruppe oder so. Lieber halte ich mich bedeckt und verschwinde in der Menge. Zumindest unter Leuten, die mir fremd sind und ganz besonders seit dem Überfall. Ich bin misstrauisch geworden seit dem. Alle sagen, hier im See sind wir sicher. Der Orden wird uns hier niemals finden und angreifen können. Aber haben wir das im Teuteburger Wald nicht auch gedacht? Ich glaube, ich entwickle langsam eine leicht pessimistische Ader. Dabei bin ich sonst gar nicht so.
Unter guten Freunden lebe ich auf. Wer meint, mich wegen meiner Größe oder meiner scheinbaren Jugend ärgern zu müssen, darf sich auf schlagfertige Antworten gefasst machen. Wie gesagt, solange Freunde in der Nähe sind. Allein unter Fremden halte ich lieber die Klappe. In der Clique kann ich aber ebenso gut austeilen wie einstecken. Ganz besonders wenn es ums Fliegen geht. Ich liebe es als Vogel in der Luft zu schweben. Darum vermisse ich auch den Teuteburger Wald so sehr. Aber zum Angeben reicht auch hier die Blase im Bodensee. Das Wasser rund um uns herum ist mir nicht ganz geheuer, aber damit komme ich noch zurecht. Schlimmer sind kleine, dunkle Räume ohne Fester, Keller und so etwas. Da komme ich mir so eingesperrt vor.
Was mich so richtig sauer macht? Unnötige Gewalt gegenüber Unschuldigen. Früher gab es für mich nichts Grausameres als Tierquälerei, aber seit dem Angriff auf die Schule…. Ich meine, da haben bewaffnete, erwachsene Männer weinende und fliehende Kinder ermordet. Niemals werde ich diese Bilder vergessen. Ich sehe sie oft genug in meinen Träumen. Und ich habe mir geschworen, dass ich immer alles tun werde, um die Unschuldigen zu schützen.

Gesinnung:
~gut~
Kämpfe und Waffen sind meiner Meinung nach das Überflüssigste auf der Welt. Dazu gesellt sich Fanatismus. Warum können Magische und Nichtmagische nicht einfach friedlich nebeneinander leben? Ich werde alles tun um jene zu schützen, die sich nicht selbst schützen können – und solange es möglich ist, werde ich es tun, ohne selbst eine Waffe in der Hand zu halten.


Haustier:
Ich habe kein Haustier. Wenn ich eines haben dürfte, käme sowieso nur ein Vogel in Frage. Aber keine Eule, immerhin kann ich selbst eine Eule sein. Ein Adler wäre stark, damit ich ihn richtig studieren kann.

Besen:
Ich brauche ganz bestimmt keinen Besen. Ich kann selbst fliegen, wenn es nötig ist.

Lebenslauf:

Also, ich hab es bereits erwähnt. Ich habe keine Ahnung wo und wann ich geboren bin. Gefunden wurde ich am vor der Tür eines Duisburger Kinderheimes. Dort wurde ich auch die ersten Monate meines Lebens versorgt; anders kann man das kaum nennen. Ich glaube, ich war neun oder zehn Monate alt, als Anna-Maria und Erhard Langenscheidt zusammen mit ihrer Tochter Lisa das Heim besuchten. Sie konnten mir nie eine richtige Antwort geben, warum sie ausgerechnet mich zwischen all den anderen Kindern auswählten. Mutti sagte einmal: „Du warst eben der Richtige.“ Da bleiben keine Fragen offen, oder?
Ich erinnere mich heute nicht mehr daran, aber natürlich spürte ich schon damals die Veränderung. Nun gab es zwei Erwachsene, die sich führsorglich und mit aller Liebe um mich kümmerten.
Ich wuchs auf einem Bauernhof auf. Als Kleinkind kuschelte ich mit dem Hofhund, jagte Katzen und spielte mit Lisa verstecken im Stroh. Es fehlte uns an nichts. Das größte Abenteuer war damals Annikas Geburt. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie ein Baby aus Muttis Bauch kommen sollte. Kinder wuchsen doch in Heimen.

Naja, vergessen wir diese Peinlichkeiten. Ich wurde älter und vernünftiger, aber auch ruhiger. In der Schule war ich als Träumer bekannt und gehörte nicht eben zu den Besten. Zwar störte ich meine Klassenkameraden nicht, aber ich träumte die meiste Zeit nur vor mich hin. Meine Lehrerin bestätigte, dass ich eine sehr rege Fantasie hatte. Einmal sollten wir malen, was wir werden wollten, wenn wir groß sind. Ich malte Spiderman!
Superhelden-Comics waren für mich das Größte überhaupt. Jeden Monat gab ich dafür mein Taschengeld her und durchlebte die Abenteuer der Helden auf dem Heuboden. Es dauerte nicht lange, bis ich selbst ein Superheld war. Während ich den Stall ausmistete, entwickelte ich Kräfte wie Hulk und bei Nacht war ich Daredevil. Doch am Liebsten war ich Superman, denn der konnte fliegen.

Es musste wunderschön sein, schwerelos zwischen den Wolken zu gleiten, die Erde tief unter mir und der grenzenlose Himmel um mich herum. Es war kurz vor meinem 10. Geburtstag. Ich hatte mich mit einem Comic auf dem Hügel hinter der Weide versteckt. Es war ein herrlicher Tag, die Sonne schien warm und ein leichter Wind brachte angenehme Kühle. Gerade hatte ich ein neues Abenteuer an der Seite meines Helden erlebt und lag auf dem Rücken im Gras. Wenn ich doch nur fliegen könnte. Vielleicht nicht grade wie Superman. Vielleicht eher wie – diese Schwalbe. Ich beobachtete den Vogel eine ganze Weile und vergaß die Welt um mich herum. Einfach die Flügel ausbreiten und davon fliegen. Das wäre so stark.
Und dann fing die Verwandlung an. Im ersten Moment merkte ich es gar nicht. Da war nur ein Jucken überall auf meiner Haut. Bis ich erkannte, dass da Federn aus meiner Haut wuchsen – echte Federn! Ich glaube, ich hab geschrien. Dann fing ich an zu schrumpfen und im gleichen Augenblick fingen die Schmerzen an. Es war grauenhaft und ich dachte, ich müsste sterben. Doch als es endlich vorbei war und ich registrierte, was passiert war, waren die Schmerzen vergessen. Ich flog! Ich hab keine Ahnung wie lange diese erste Verwandlung dauerte. Denken konnte ich sowieso nicht. Da war nur der Himmel, der Wind und ich.
Die Gedanken kamen erst später, nachdem ich mich zurück verwandelt hatte. Ich war ein Mutant – das glaubte ich damals.

Von den X-Men wusste ich, dass man übermenschliche Kräfte besser verborgen hielt. Die Menschen reagierten nicht immer gut auf jemanden, der anders war. Und wie überhaupt sollte das in unserem verschlafenem Nest aussehen? Da glaubte doch niemand an Mutanten!
Ich lerne also wie Peter Parker im Verborgenen mit meinen Kräften umzugehen. Na gut, das ist ein wenig übertrieben. Wirklich kontrollieren konnte ich damals nicht, was ich tat. Ich verwandelte mich auf jeden Fall nur, wenn ich allein war.
Irgendwann hat mich aber doch jemand beobachtet und den Sternen sei Dank war es niemand, der mich daraufhin gleich umgebracht hätte. Das ist keine Übertreibung.
Er stellte sich mir als Herr Unterwagner vor und stellte mir jede Menge Fragen, die ich verwirrt beantwortete. Schließlich erklärte er mir, dass ich keineswegs ein Mutant war, sondern ein Teil der magischen Welt. Ich bedauerte nur eine kleine Weile, kein Mutant zu sein. Herr Unterwagner erzählte mir phantastische Dinge, die noch nicht einmal ich mir ausmalen konnte. Ganz besonders skeptisch war ich, als er vorschlug zu meinen Eltern zu gehen. Doch was sollte ich tun? Er war erwachsen und ich gerade 10 Jahre und außerdem ziemlich schmächtig für mein Alter.

Herr Unterwagner versuchte es meinen Eltern schonend bei zu bringen. Er stellte sich als Lehrer eines Jungeninternats für besonders Begabte vor. Mir hatte er verschwiegen, dass er Lehrer war. Sonst hätte ich ihm nicht so leicht vertraut. Auch meine Eltern waren skeptisch, denn bei meinen Noten konnten sie sich nicht vorstellen, dass ich besonders begabt sein sollte. Herr Unterwagner erklärte, dass es auch andere Arten von Begabungen gab. Das ganze Gespräch wieder zu geben, würde nun zu lange dauern. Mir war es damals schon zu langweilig und irgendwann verwandelte ich mich ganz einfach und zeigte meiner Familie was ich konnte. Mutti und Papa waren total erschrocken, Lisa fürchtete sich und Annika wollte wissen, wie sie das lernen kann. Sie erholten sich bemerkenswert schnell von dem Schreck, dachten aber nicht ansatzweise daran, mich auch ein Internat zu schicken. Es brauchte einige Überredungskunst von Herrn Unterwagner, bis meine Eltern einsahen, dass ich in dieser Schule den Unterricht bekäme, den ich brauchte.

Saltuarius war für mich wie geschaffen. Dort lernte ich wenigstens sinnvolle Dinge – von Mathe mal abgesehen. Der Unterricht machte Spaß – meistens. Unter den Schülern fand ich schnell ein paar Freunde. Natürlich gab es immer jemanden, der mich nicht mochte oder den ich nicht ausstehen konnte. Ganz besonders meine geringe Größe und mein kindliches Aussehen waren oft Angriffspunkt für die Anderen.
Mein bester Freund wurde Sebastian, ein Magier in meinem Alter. Er war größer und kräftiger als ich und spielte sich gern als mein Beschützer auf. Er war ein begnadeter Krabbenhockeyspieler und zusammen mit einigen anderen Jungen heckten wir jede Menge Streiche aus. Vor einem Spiel war er meistens schon früh wach und joggte um den See um sich aufzuwärmen. So war es auch an dem Morgen des Überfalls.

Ich weiß nicht mehr, was alles genau geschah. Es ging so schnell, es war laut und alles so schrecklich. Ich war mit einigen Jungen beim Frühstück und damit praktisch umzingelt, als es los ging. Ich verwandelte mich und konnte durch ein Fenster entkommen. Das letzte was ich sah, war einer meiner Mitschüler, der sich in einen Werwolf verwandelte und unter unseren Angreifern wütete.
Schnell merkte ich, dass ich im Freien keineswegs in Sicherheit war. Die Ordensmitglieder erkannten mich zwar nicht als Magischen, aber sie schossen sowieso auf alles, was sich bewegte. Sie brutzelten einen Sperling aus der Luft. Einen harmlosen Sperling! Das hätte ich sein können! Wie viele andere floh ich in den Wald, aber auch dort lauerten die Angreifer. Über den Bäumen hatte ich wenigstens einen gewissen Überblick und konnte ihnen ausweichen. Ich warnte eine Gruppe Schüler, welche direkt in eine Falle zu laufen drohten und führte sie auf sicheren Wegen fort, bis wir einen Lehrer fanden, der uns in Sicherheit brachte.
Viel zu wenige überlebten dieses Massaker. Sebastian war nicht darunter. Nicht nur ich hatte einen besten Freund verloren. Ein paar vermissten auch ihre Brüder und keiner hatte mehr retten können, als das, was wir am Leib trugen.

Allmählich verblassen diese Erinnerungen und plagen uns alle nur noch in unseren Alpträumen. Davon habe ich reichlich. Immerhin haben wir einen Ort gefunden, wo wir bleiben können. Ich habe kein Problem, mit den Mädchen von Clavis Nauticus; immerhin bin ich mit zwei Schwestern aufgewachsen. Aber sie verstehen uns einfach nicht. Sie können sich nicht einmal im Entferntesten vorstellen, was es heißt, in einer Schlacht zu überleben, Freunde und Geschwister zu verlieren und ums nackte Leben zu laufen. Ich hoffe, dass sie es nie erleben müssen, denn dann gibt es keinen Ort mehr, an den wir können.

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